Dachträger…die latente Katastrophe? ;-)

Jaja, die Überschrift ist arg reißerisch. Unlängst aber tauchte wieder einmal nachfolgendes Video auf:

…und ja, das ist unschön. Und wenn’s nicht nur die Motorhaube zerbeult, sondern eventuell die Scheibe zerlegt, die Trägerfüße verbiegt, die Dachrinne schrottet und man sich dann vielleicht nicht gerade in einem Offroadpark direkt an der Bundesstraße befindet, sondern mitten im Outback, dann kann das schon mehr als nur unangenehm sein. Deshalb dieses Video als abschreckendes Beispiel.

Um jetzt aber bei Neueinsteigern ein wenig die Wogen der Entscheidungspanik zu glätten, ein paar Anmerkungen: Ja, bei der Verwendung von Autogepäckträgern sollte man ein paar Dinge beachten, damit es nicht schiefgeht. Wenn man aber “für fünf Pfennig nachdenkt” (wie mein alter Herr zu sagen pflegte), dann wird der Dachträger das letzte sein, über das man auf der Tour nachdenken muss.

Was also sehen wir in diesem Video? Einfach die Kombination von gleich vier Extemfällen: Extrem starkes Gefälle, starker Stoß, viel zu viel Zeug oben drauf (sowohl bzgl. Gewicht als auch bzgl. Aufbauhöhe, Stichwort “Hebel”) und – das ist jetzt eine reine Vermutung – vermutlich war der Träger auch nicht gut befestigt.

Ich möchte jetzt keine Wissenschaft draus machen, sondern schnell und zielgerichtet auf den Punkt kommen. Was ist zu beachten?

  • So ein Auto hat nicht umsonst eine “Dachlast”: Das ist die zugelassene maximale Last, die bei DYNAMISCHER Belastung (!) gefahrlos auf dem Dach transportiert werden kann. “Dynamisch” heißt: Während der Fahrt. Dann nämlich ergeben sich gänzlich andere Belastungen als im Stand. Diese Dachlast mag nach Gefühl überschritten werden, aber man sollte im Hinterkopf behalten, dass die Ingenieure hier nicht mit 100% Sicherheit arbeiten. Und: Jedes Kilo zusätzlich da oben verändert das Fahrverhalten. Übertreibt man es, ist das Fahrzeug im Fall der Fälle – sei es ein Ausweichmanöver auf der Straße, eine Kurve auf der Piste oder eine Schräglage im Gelände – tatsächlich nicht mehr beherrschbar.
  • Die Dachlast berechnet sich natürlich “inklusive allem”: Träger, Füße, Schrauben, evtl. eine durchgehende Platte, Befestigungsmaterial, Ladung…das alles zählt mir. Logisch, oder? Das heißt in der Praxis: Oben nur leichtes, alles schwere muss nach unten. Es hilft der Fahrdynamik enorm, wenn der Schwerpunkt niedrig ist. Eurem Rücken beim Runterheben übrigens auch. 😉
  • Jetzt bitte keine Panik: Wenn die Dachlast mit dem Dachzelt schon ausgereizt ist, dürft Ihr trotzdem drin schlafen. Wie gesagt: “Dynamisch” ist das Zauberwort. Und solange Ihr im Dachzelt keine Trampolinmeisterschaften ausrichtet, ist da nicht viel Dynamik drin. Ihr sollt da oben schlafen, nicht rumturnen. 😉
  • Überlegt Euch bitte auch gut, ob die durchgehende Platte wirklich sein muss. Das mag super sein, um oben im Campingstuhl zu chillen, aber es bringt nur unnötiges Gewicht.
  • Je flacher Träger und Füße, desto besser. Der Hebel ist ganz entscheidend. Das gilt auch für die Beladung: Flach halten, nicht hoch bauen!
  • Einfache Verbindungen sind komplizierten vorzuziehen: Wenn Ihr das Ding mal reparieren müsst, ist ein verschraubter Stahlträger recht leicht zu reparieren, ein verschweißter und vernieteter Aluträger schon komplizierter. Stichwort “Nietverbindungen”: Irgendwo gibt’s auch ein wunderbares Video, in dem sich der Dachträger nach einem trockenen “knack” auf Wanderschaft begibt…da sind die Nieten aus dem Dachblech gerissen. Hätte man aber vorher wissen können, wenn man für fünf Pfennig… 😉
  • Auf der Gegenseite gilt: Falls die Karosserie des Basisfahrzeugs zur Verwindung neigt, sollte der Dachträger auch wiederum nicht zu stabil sein, irgendwo muss die Energie ja hin.

Ich war jahrelang mit einem ganz schlichten Prealpina-Träger aus den 90ern unterwegs: Acht Querträger (also 16 Füße!) auf ca. 1,70 m Länge bzw. vier für 85 cm. Keine zusätzliche Platte, die Füße sauber eingesetzt und befestigt, nur leichte Sachen oben drauf, damit ging’s problemlos über jede Piste und jeden Dünenkamm, ohne dass das Ding sich jemals bewegt hätte. Der Vorteil dieser modularen Konstruktion: Er verwindet sich bei Bedarf problemlos und hält ansonsten einfach bombenfest. Und wenn ein Träger oder ein Fuß reißt, dann hat man halt einen weniger, den Rest kann man immer noch nutzen. Aber es schaut halt nicht ganz so cool aus, das gebe ich zu. Wer “Disco” möchte, muss mehr Aufwand betreiben. Und Aufwand ist meistens auch Gewicht. 😉

Sehr grundsätzlich und ausführlich wird das Thema hier von Andrew StPierre White besprochen:

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