Umstrittener Toyota Hilux

Gastbeitrag von SpotPress Services

Auch die Bösen wollen gute Autos. Der Toyota Hilux ist daher bei Kriegstreibern aus aller Welt das Beförderungsmittel der Wahl – was dem Image des robusten Pick-ups nicht gut tut. Der Versuch einer Rehabilitierung.

Wenn Volker Rath Autos kauft, kauft er fast immer einen Toyota. Der Logistiker der Hilfsorganisation Cap Anamur ist in den Krisengebieten der Welt für Mobilität zuständig, besorgt die Fahrzeuge, kümmert sich um Ersatzteile und Reparaturen. Rund 20 bis 30 Autos hat die Initiative deutscher Notärzte weltweit permanent im Einsatz. Den Großteil der Flotte stellt der Hilux: ein mittelgroßer Allrad-Pick-up, hierzulande selten, weltweit der mit Abstand meistverkaufte seiner Art. Warum das so ist, darauf hat Rath eine simple Antwort: “Er geht einfach kaum kaputt”.

Robust, geländegängig, technisch simpel – nicht nur Organisationen wie Cap Anamur schätzen diese Eigenschaften. Zu zweifelhafter Berühmtheit ist der Hilux in Deutschland vor allem als Waffe des IS und anderer Kriegsparteien gekommen. Kaum eine “Tagesschau”, kein Propagandavideo, in der der Pritschenwagen nicht auftaucht. Meist weiß lackiert, vollgestopft mit Bewaffneten, gerne auch mit einem Maschinengewehr auf der Lafette hinter dem Fahrerhaus. Das US-Finanzministerium verlangte angesichts der wachsenden Terroristen-Flotte von Toyota unlängst Auskunft, wie die Autos in die Hände des IS kommen konnten.

Dabei dürfte nicht zuletzt auch Diebstahl eine Rolle spielen. “In jeder Krise verlieren wir auf diese Weise ein Auto”, sagt Rath. Technische Probleme hingegen gibt es eher selten. Die Hilux-Modelle laufen bei Cap Anamur ewig, ein Exemplar in der Elfenbeinküste hat bereits zehn Jahre auf dem Buckel und 350.000 Kilometer auf dem Tacho. Nicht auf ebenen europäischen Straßen, sondern auf Sandpisten und Geröllstrecken. Denn eingesetzt werden die meisten Fahrzeuge als Patiententransporter zwischen Krankenhaus und weit verstreuten Außenposten. Sieben Personen dürften offiziell auf die Pritsche, manchmal jedoch sind es bis zu 16, die mit dem Hilux über Stock und Stein holpern.

Das sieht man den Autos auch bald an, denn Schönheitsreparaturen spart sich Rath. “Hauptsache der Motor läuft”. Und das tut er, selbst wenn statt sauberem Diesel ein mit Öl selbst angerührter Mix aus Petroleum oder Kerosin im Tank steckt. Passenden Sprit gibt es somit fast überall. Und auch die Ersatzteilversorgung ist geregelt: “Toyota-Ersatzteile – ob gefälscht oder echt – gibt es selbst in Timbuktu im Busch”, weiß Rath. Und auch Drittanbieter haben Dinge wie den unverzichtbaren Dieselfilter mit Wasserabfluss im Programm. Weil die Fahrzeugtechnik simpel und die Toyota-Werkstattbücher ausführlich sind, muss man kein Automechaniker sein, um einen havarierten Hilux wieder auf die Piste zu bringen.

Autohaus der Wahl für Cap Anamur ist ein Händler in Gibraltar. Privatkunden haben bei Toyota Stockholdings Gibraltar (TGS) keine Chance – verkauft wird ausschließlich an Regierungen, die UN und einige NGOs. Das Unternehmen hat sich auf besonders robuste Ausführungen des Hilux und seiner Geländewagen-Geschwister Land Cruiser 70 und Land Cruiser 200 spezialisiert. Varianten ohne jeden Schnickschnack, wie ihn deutsche Autohändler anpreisen. Dafür gibt es verstärkte Fahrwerke, extra große Tanks, Winden, Luftansaug-Schnorchel für Wasserdurchfahrten, komplettes Bordwerkzeug und ein Basis-Satz Ersatzteile. Die Standardfarbe ist Weiß, andere Töne gibt es nur in Ausnahmefällen.

Ein bisschen Luxus gönnt Rath sich und den anderen Helfern jedoch auch. Wenn es geht, achtet er zumindest auf eine Klimaanlage. Häufig aber hat er keine Wahl. Wenn vor Ort in den Krisengebieten gekauft wird, nimmt er, was er kriegen kann. Hilux und Co. gibt es auch in den abgelegensten Regionen Zentralafrikas. Problematischer als das Fahrzeug selbst ist aber häufig die Zulassung: “Es kann schon mal zwei Monate dauern, bis wir vom Hof rollen können.” Wenn es aber soweit ist, dann rollt der Hilux. Nahezu unaufhaltsam. Ein einziges Fahrzeug hat Rath bisher verloren – Totalschaden am Motor durch Wasserschlag bei einer Flussdurchfahrt. Die anderen fahren und fahren – und manchmal halt auch in falsche Hände.

(Spendenkonto: Cap Anamur / Deutsche Not-Ärzte e.V., Sparkasse Köln Bonn, Kontonummer: 2 222 222, Bankleitzahl: 370 50 198, IBAN: DE85 3705 0198 0002 2222 22, SWIFT-BIC: COLSDE33)

(Quelle: SpotPress Services / spotpress.de)

 

Diskussion: http://forum.buschtaxi.org/umstrittener-toyota-hilux-t53429.html

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