Nimmt Toyota in den USA den Land Cruiser vom Markt?

Jonny Lieberman, Redakteur bei Motortrend und gemeinhin sehr gut vernetzt, hat vor ein paar Stunden gemeldet, dass Toyota USA wohl den Land Cruiser Station Wagon, also den 200er, vom Markt nimmt. Seit 1958 (nicht ’57, wie er schreibt) gibt es den Land Cruiser in Nordamerika, 2022/23 soll nun Schluss sein. Die Begründung seiner Quelle sind niedrige Absatzzahlen: Gerade einmal 3.000 Einheiten würden davon abgesetzt, zusätzlich nochmal 4.000 Einheiten vom noch luxuriöseren Bruder Lexus LX.

Hier sein “Rant” im Originaltext:

Bad News. I just heard that the venerable, completely amazing, stealth wealth king Toyota Land Cruiser will be exiting the U.S. market after 2022. Insane, I know. Why? Well, at $86,000 it’s expensive and hard to sell. Especially because Toyota has spent ZERO DOLLARS marketing their best product for several decades straight. 3,000 or so people a year buying a hand built, over-engineered, off road luxury masterpiece apparently ain’t enough. And that’s not even the real reason. The Lexus LX570 is essentially the same vehicle and costs more (i.e. it is more profitable). Why not sell 7,000 LX570s a year instead of 4,000?? The thinking being that all 3,000 Land Cruiser customers will want a big Lex. Which… maybe? Dirty secret—Lexus hasn’t made a profit in about 2 years. Too many NXs being sold with cash on the good, not nearly enough big ticket products like GS, LS, LC, and LX getting bought. So yes, there will be a next-gen, 2023 LX570 sold in America, just not it’s Toyota sibling. STUPID. Toyota has been selling trucks badged as Land Cruisers to Americans since 1957! And they’re just tossing 70 years of heritage out the window. The hell!?! I’ve had a few people tell me that the move from Los Angeles to Dallas broke Toyota USA’s culture. This dumb decision—killing Land Cruiser!—is proof. Maybe if there’s enough outcry, Toyota will change its mind?

https://www.instagram.com/p/B1XPVKHBKMq/

Nun: Dieses Schicksal war zu erwarten. Sinkende Verkaufszahlen, steigender öffentlicher Druck, Emissionsrichtlinien und Flottenverbrauch…derart überdimensionierte Luxus-Offroader wie der 200er gehören einer aussterbenden Art an. In West-Europa hat Toyota den 200er ja schon vor einiger Zeit fallen gelassen, hier waren die Verkaufszahlen noch schlechter. Und schaut man mit ein wenig Realismus in die Glaskugel, wird den Land Cruiser 150 das gleiche Schicksal ereilen, sobald der Highlander (der 2020 nach Europa kommt) im Markt erstmal Fuß gefasst hat.

Bevor jetzt jemand ausruft “Aber der Lexus LX bleibt doch!”…ja, der bleibt. Er ist noch ein wenig luxuriöser und noch ein wenig teurer. Einer der entscheidenden Punkte ist aber auch, dass der Markenname “Land Cruiser” dann vom Markt verschwindet. Eine fragwürdige Entscheidung.

Die Probleme sind dabei hausgemacht: Immer größer, immer luxuriöser, immer teurer wurden Prado und Station Wagon…und sie entfernten sich damit immer weiter vom “simplen Allradfahrzeug”. Land Cruiser 150 und 200 sind unglaublich tolle Allradler, die eine Menge können, sehr komfortabel sind, viel Spaß machen – aber sie sind auch definitiv “overengineered”, überentwickelt.

Diese Entwicklung war allerdings irgendwie abzusehen, auch wenn sie eine unerwartete Beschleunigung erfuhr: Die Urahnen von Prado und Station Wagon, Land Cruiser 70 Bundera und Land Cruiser 60, traten an, um den Markt aufzufächern und neue Kundengruppen zu erschließen: Sie boten deutlich mehr Komfort als die Arbeitsgeräte der J4-Serie, waren aber immer noch recht “simpel”. Dadurch wurden sie eben nicht nur als “SUV” für den Wochenendeinkauf missbraucht, sondern mussten auch noch richtig herhalten. Die Nachfolger wuchsen, bekamen immer mehr Komfort-Merkmale und Luxus verpasst – und wurden teurer. Ab einem gewissen Punkt aber hat Toyota diese Entwicklung so sehr angeschoben, dass die Zielgruppen immer kleiner wurden. Dazu kam ein nahezu völliger Verzicht auf Marketing in den den USA und Europa: Der Bedarf sank, die Regularien wurden härter, das Volumen zählte…warum sollte man sich in diesen mittlerweile stark veränderten Märkten noch mit einem solch antiquierten Konzept belasten…wozu, vor allem unter Hinblick auf konkret vorhersagbare Marktentwicklungen, noch den Verkauf ankurbeln? Aus Sicht Toyotas ist das teilweise sogar nachvollziehbar. Aber: Es gibt mindestens genauso viele Gründe, die für einen Fortbestand in den westlichen Märkten sprechen.

Jonathan Ward, Chef von ICON 4×4 und amerikanisches Land-Cruiser-Urgestein, richtete folgende Botschaft an Toyota:

“At least let me get my hands on the last 1000 units. I’ll build you ICON Editions and show you how this should have played out.”
https://www.instagram.com/p/B1XUwCQBrJH/

Nun…wäre einen Versuch wert. Eine ICON-Edition des 200ers wäre zumindest etwas besonderes.

Auf Anfrage von Jalopnik-Redakteur Andrew P. Collins antwortete “Toyota Product Communications Analyst” Josh Burns gestern übrigens: “Land Cruiser is a global icon that embodies Toyota’s reputation for reliability, durability and capability. Although we cannot comment on future product, we can confirm that no decision has been made to stop sales of the Land Cruiser in the U.S. at this time.”

“At this time” ist eher eine Bestätigung als ein Dementi, zumindest ist es kein klares “Nein”.

Hätte man es bei der Entwicklung etwas behutsamer angehen lassen, wäre die Zielgruppe größer und der Marktdruck vielleicht etwas kleiner. Und wir hätten noch ein Weilchen Freude an der “Legende Land Cruiser”.

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