“Mit dem C-HR Concept gibt Toyota auf dem Automobilsalon in Paris erste Hinweise auf ein neues Crossover-Modell in der Kompaktklasse.”
“Na gut”, denkt sich der geneigte Buschtaxi-Leser bei dieser Meldung, “…und?”. In der Tat: In unserer kleinen Buschtaxi-Welt ist das Wort “Crossover” in aller Regel eher eine Randnotiz. Die Sache wird allerdings deutlich interessanter, wenn man mal etwas genauer hinblickt: Dieses Konzeptfahrzeug schaut nämlich irgendwie anders aus, als man das von den Toyota-Konzepten der letzten Jahre gewohnt ist.
Toyota hat sich in den letzten Jahren designerisch stark gewandelt: Der rundgelutschte Einheitsbrei Ende der Neunziger / Anfang der Zweitausender, der vor allem im PKW-Segment jedem gefallen und nirgends anecken wollte und damit schlussendlich sämtliche Emotionalität verlor, wurde hier und da wieder kantiger. Karosseriedetails wurden deutlich schärfer gestaltet, Silhouetten wurden schnittiger, das Karosseriedesign im ganzen wirkte wieder einheitlicher. Speziell mit den Modellgenerationen 2011/12/13 zog im Design eine neue Sportlichkeit Einzug, die hier und da aber auch ein wenig zu sehr mit messerscharfen Kanten, weit vorgerecktem “Kinn” und der wunderbaren Welt der Freiform-Scheinwerfer und -Rücklichter arbeitete. War der RAV4 z.B. in der 2. Generation noch nicht wahnsinnig aufregend, wurde er in der 3. Generation zu einem außerordentlich gefälligen Fahrzeug, und die aktuelle 5. Generation ist schon fast wieder ein wenig zu kantig geraten – das gilt natürlich nur in meinen Augen, denn das ist wie immer alles sehr subjektiv. Aber wir alle erinnern uns an die heißen Diskussionen um die Formensprache der Land-Cruiser-Generationen J15 und J20, die z.B. mit ihren bullig ausgewölbten Rücklichtern sicher nicht jedermanns Geschmack treffen und lange nicht so zeitlos gestaltet sind wie ein J6 oder J10. Und gerade in unserer kleinen Nische ist “Mode” ein schreckliches Wort: Fahrzeugen, die per se LANGE halten sollen, tut eine zeitlose Gestaltung durchaus gut…
Aber zurück zum C-HR: Die designerische Ausrichtung der Toyota-Modelle folgt natürlich einem Gesamtkonzept. Ein kleiner Auszug aus “Legende Land Cruiser”:
“Basis des Toyota-Designs ist der sogenannte “j-factor”: In Rückbesinnung auf fundamentale japanische Werte und ästhetische Traditionen soll durch die Synergie aus eigentlich entgegengesetzten Elementen, die in Harmonie miteinander verbunden werden, neues geschaffen werden. Die daraus folgende aktuelle Designphilosophie bekam den klingenden Titel “Vibrant Clarity” und hat zum Ziel, bei der Produktgestaltung eine “Synergie aus Gefühl und Vernunft” zu schaffen.”
Akihiro “Dezi” Nagaya, der Chef-Designer des (meiner Ansicht nach überaus gelungenen!) GT-86, versicherte mir 2012 in einem lustig-heißen Wortgefecht noch, dass “Vibrant Clarity” auch “in 100 Jahren noch” die Grundlage der Toyota-Designsprache sein wird. Aber selbstverständlich verändert sich das Design innerhalb dieser Philosophie fortlaufend.
Und einen solchen Moment der Evolution erleben wir morgen, bei der Enthüllung des C-HR auf dem Pariser Auto-Salon: Mit der neuen Studie zeigt Toyota nämlich einige Elemente der künftigen Designausrichtung der Marke. Und das ist tatsächlich durchaus interessant, betrifft es doch (vermutlich und irgendwie) auch die nächsten Evolutionsstufen von Land Cruiser und Hilux.
Prägende Stilelemente der Studie C-HR sind stark herausgearbeitete Flächen und besonders betonte Radhäuser: Bullig schaut er aus, der neue Crossover, mit einem breiten, stabilen Stand und einer echten Wespentaille. Eine klare Schulterlinie und (wieder mal) charakteristische Rückleuchten prägen die Silhouette. Außerordentlich prägnant und angriffslustig steht er da, zum Sprung bereit. Inspiriert sei die Optik des C-HR Concept “von den facettenreichen Oberflächen extrem beständiger und präzise bearbeiteter Edelsteine”. Das mag man sehen oder nicht, auffällig ist aber: Insgesamt ist die Form im Vergleich zu den Modellen der letzten zwei, drei Jahre auch wieder ein wenig glatter, runder, weicher geworden. Das tut dem Gesamtkonzept außerordentlich gut. Vor allem die Frontpartie ist dabei eine Weiterentwicklung der aktuellen Toyota Designsprache und weist einige neue Stylingmerkmale auf, die stellenweise bei Camry, Yaris, Aygo schon angedeutet wurden und sich an künftigen Toyota Modellen wiederfinden könnten: Das “X” zum Beispiel, das immer wieder zitiert wird.
Das ist alles natürlich sehr vage: Der neue Land Cruiser wird dieser Studie selbstverständlich NICHT sonderlich ähnlich sehen… 😉 Darum geht es auch nicht. Die wirklich interessante Information dabei ist, dass Toyota im Design nun wieder ein wenig “organischer” wird, weniger künstlich. Spätestens seit dem J20-Facelift frage ich mich, wohin es denn von dort noch gehen soll: Noch zerklüfteter, noch überzeichneter, noch wilder ausgewölbte Rücklichter? Dass diese Richtung nun wieder ein wenig abgemildert wird, ist in meinen Augen eine gute Nachricht.
Der C-HR ist allerdings auch aus drei weiteren Gründen interessant: Zum einen steht er auf einer komplett neu entwickelten Plattform-Architektur namens “TNGA – Toyota New Global Architecture”, die zukünftig die neue Basis des Toyota-Fertigungs-Systems bildet. Zum zweiten wird er (natürlich) Hybrid angetrieben, und das heißt für mich: Hier steckt vermutlich der neue Prius-Antrieb drunter, der nochmal deutlich effizienter und leistungsfähiger sein dürfte. Und zu guter letzt wagt sich Toyota damit in das für sie neue C-Segment vor. Ob es sinnvoll ist, immer neue Segmente zu besetzen, bis irgendwann tatsächlich für jeden Kunden ein eigenes Modell existiert, wird der Markt entscheiden. Wir dürfen allerdings eines dabei nicht außer Acht lassen: Diese Segmentierung scheint derzeit Erfolg zu versprechen. Und geht es Toyota in Europa gut, geht es auch dem Toyota-Off-Road-Segment in Europa gut.
Vorgestellt wird der Toyota C-HR Concept im Rahmen der Toyota Pressekonferenz am Donnerstag, 2. Oktober, um 8.00 Uhr in Halle 4. Ich werde live berichten und direkt hier in den Thread posten!
Wer den C-HR live sehen möchte: Publikumstage sind vom 04. bis 19. Oktober.
Weitere Infos: http://www.mondial-automobile.com/visiteurs/
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