EU-Beschluss: Ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr

Jetzt also doch. Was seit langem herumgeistert, wurde nun vom EU-Parlament beschlossen: Das Plenum befand mehrheitlich, dass ab 2035 keine neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden sollen. Bis 2030 sollen zudem die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen um rund die Hälfte sinken. Von einer überwältigenden Mehrheit kann allerdings keine Rede sein: Die Entscheidung wurde mit 340 Ja- und 279 Nein-Stimmen getroffen.

Enttäuscht zeigt sich unter anderem der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Wer schnelle Erfolge bei der CO2-Reduktion erzielen will, muss den aktuellen Fahrzeugbestand in den Blick nehmen“, verweist nicht nur ZDK-Präsident Jürgen Karpinski auf den aktuellen Fahrzeugbestand von rund 46 Millionen Pkw allein in Deutschland. Hier habe die EU die Chance vertan, eine Bresche für synthetische e-Fuels zu schlagen, mit denen der Bestand klimaneutral betrieben werden könne.

Zudem würden außerhalb Europas auch nach 2035 weiterhin Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden. Zweifel äußert der ZDK außerdem an den ehrgeizigen Elektro-Plänen. „Das im Koalitionsvertrag postulierte Ziel von 15 Millionen batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen bis 2030 wird nur zu erreichen sein, wenn die dafür notwendigen Rahmenbedingungen stimmen. Dazu passen jedoch weder die Kürzungen bei der Förderung noch der schleppende Ausbau der Ladeinfrastruktur“, so Karpinski. Vielleicht seien am Ende doch Alternativen wie e-Fuels „dringend notwendig (…), um die Klimaziele zu erreichen“.

Dieses Hintertürchen lässt sich übrigens auch die Politik offen – trotz der heutigen Entscheidung. Die Kommission will die klimaneutralen Kraftstoffe 2026 noch einmal auf den Prüfstand stellen.

Das Buschtaxi meint: Keine Panik. Erstens fließt bis 2035 noch viel Wasser den Rhein runter, und zweitens lebt Politik von Ausnahmen und Verzögerungen. “Ab 2035 keine Verbrenner-Neuwagen” heißt aber auch: Unsere alten Gussbrocken laufen dann immer noch. Und wer sich 2034 einen neuen Land Cruiser gönnt, ist damit 20, 30, 40 Jahre mobil. Und selbstverständlich wird es dann auch noch Kraftstoff geben, denn es werden ja auch weiterhin Verbrenner gebaut und eingesetzt.

 

Prof. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ordnet den Beschluss ein:

Professor Koch, nach der Kommission hat sich jetzt auch das EU-Parlament für ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen. Hat sich damit an der Situation etwas geändert?

„Es ist insbesondere von der EU-Kommission, aber auch vom europäischen Parlament eine politische Entscheidung getroffen worden, die schlicht aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse so möglich war. Es findet allerdings spätestens 2026 eine Überprüfung dieses Beschlusses statt, so ist es festgeschrieben worden. Bis dahin werden aber Alternativen wie etwa CO2-neutrale Kraftstoffe, die in anderen Ländern der Erde eine wichtige Rolle spielen, von der EU-Politik bewusst als Lösungsansatz für PKW verhindert.“

Hat sich das Parlament aus Ihrer Sicht ausreichend mit der Thematik befasst?

„Es wird behauptet, dass die Entscheidung aus Klimaschutzgründen notwendig sei. Dies ist aber ein vorgeschobenes und nicht belastbares Argument. Viele hundert Wissenschaftler haben die EU-Kommission und das EU-Parlament angeschrieben und wiederholt aufgeklärt, damit sie nicht auf einen Bilanzbetrug, der insbesondere von den bekannten NGOs wie Transport & Environment oder Greenpeace begangen wird, hereinfallen.“

Da wurde falsch gerechnet?

„Es wird schlicht mit total falschen Zahlen agiert. Ein Abgeordneter, der ja kein Experte ist, kann dies normalerweise nicht auf einen Blick identifizieren. Die Energiefachleute und Bilanzexperten haben aber darauf hingewiesen und genau erläutert, dass eine CO2-Einsparung per Elektromobilität in vielen Ländern Europas überhaupt nicht erreicht werden kann. Und so verstößt die EU-Strategie mindestens fahrlässig gegen die Empfehlung des Weltklimarates, das CO2-Restbudget der Menschheit zu schonen. Denn es werden mit dem schnellen Ausbau der Elektromobilität durch Infrastrukturaufbau, Produktion und Betrieb der Fahrzeuge sogar erhöhte CO2-Emissionen anfallen. Dass es in Wahrheit gar nicht um diese Emissionen geht, wird schon daran klar, dass sogar ein Wasserstoffmotor, der mit grünem Wasserstoff aus nachhaltigem Überschuss-Strom gewonnen wird, im Fahrzeugsegment bis 3,5 Tonnen nicht berücksichtigt wird.“ (Jens Meiners/cen)

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