Den gestrigen Carfreitag habe ich bestmöglich genutzt: Ich habe mir einen RAV4 Plug-in Hybrid geschnappt und bin die Route für die Frühjahrs-Ausfahrt der Toyota Collection abgefahren.
Und ich war mal wieder – ganz im Ernst jetzt – haltlos begeistert von diesem Auto. Nein…ich muss es anders formulieren: Ich hatte einen für den Karfreitag völlig verbotenen Höllenspaß!
Aber der Reihe nach, ich muss erst ein wenig ausholen:
“No more boring Cars” verkündete Akio Toyoda 2017 in einem Unternehmensweiten Dekret und ordnete gleichzeitig ein paar grundlegende Änderungen an. Unter anderem wurde dem gottgleichen Chief Engineer ein Product Chief Designer zur Seite gestellt, das Duo sollte fortan auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Ein absolutes Novum. Zusammen mit vielen anderen kleinen und großen Richtungsänderungen und Anpassungen sollten erst der Entwicklungsprozess und dann auch die Fahrzeuge erheblich dynamischer werden.
Eingeschlagen wurde dieser Weg aber schon ein Stückchen früher mit dem in meinen Augen wichtigsten Meilenstein dieser Entwicklung: Der Einführung der TNGA-Plattform 2015. Der Prius IV war der erste, der in diesen Genuss kam. Es folgten C-HR, Camry und 2018 auch der RAV4. “TNGA” steht für “Toyota New Global Architecture”, der RAV4 steht auf der Version TNGA-K.
TNGA ist also seit 2015 die neue Basisplattform, auf der die Fahrzeuge aufgebaut werden. Vor TNGA hat Toyota mit grob überschlagen 100 verschiedenen Plattformen gearbeitet, nun wird alles Stück für Stück auf die neue Plattform umgestellt. 2023 sollen 80% der verkauften Toyota- und Lexus-Fahrzeuge auf TNGA basieren. Der Land Cruiser 300 und bald auch der neue Prado stehen übrigens auch auf der TNGA, in ihrem Fall der F-Ausführung (für “Full Size”).
Die neue Plattform hat ein paar grundlegende Vorteile: Sie ist steifer, hat einen deutlich tieferen Schwerpunkt, erlaubt eine tiefere (und damit übersichtlichere) Führung der Motorhaube und ist nicht zuletzt auch 20% günstiger in der Produktion. Parallel dazu wurden die Motorenpalette, die Getriebe, das Hybridsystem und der PKW-Allradantrieb überarbeitet und konsolidiert. Alles für die Agilität und wider die Langeweile: “Wir erwarten eine massive Verbesserung in den drei Basisbereichen der Fahrdynamik, namentlich Bewegung, Drehung und Stop”, wobei das jetzt etwas holprig übersetzt ist. Aber die Message ist klar: Toyota-Fahrzeuge sollten dynamischer werden. Agiler. Fahrfreudiger. In jeder Hinsicht.
Und damit haben sie in meinen Augen alles richtig gemacht: Ausnahmslos jedes der neuen auf TNGA basierenden Fahrzeuge, die ich fahren durfte (den Land Cruiser 300 eingeschlossen!) hat spürbar an Agilität gewonnen. Als ich z.B. zum ersten Mal im aktuellen RAV4 saß (damals die frontgetriebene Version), musste ich mich irgendwann aktiv zusammenreißen und mir vor Augen führen, dass ich da gerade zwei Tonnen durch die Kurven treibe und besser mal wieder auf den Boden der physikalischen Tatsachen zurückkehre. Vom Gefühl her mache ich diesen Zugewinn an Fahrfreude an der verbesserten Steifigkeit und dem niedrigeren Schwerpunkt fest, in Wahrheit stecken aber natürlich noch tausend andere Gewürze in diesem wilden Eintopf.
Die meisten meiner Leser mögen alte Autos. Ich auch. Sehr sogar. Was ich aber vor allem mag, ist das AutoFAHREN. Und da ist für mich die große Spannbreite zwischen Langeweile und Fahrspaß durch alle Jahrzehnte gleichermaßen gegeben. Deshalb möchte ich hier auch nicht die “Entwicklung” betrachten: Man kann ein modernes Fahrzeug nicht mit seinem fast 30 Jahre älteren Vorgänger vergleichen, das wäre hanebüchener Quatsch. Insofern kann das also auch keine “ich fand den alten aber besser”-Diskussion sein. Ich empfinde große Liebe für den ersten RAV4 und freue mich jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn ich ihn fahren darf. Auch er ist in meinen Augen eine großartige Entwicklung. Aber das hat jetzt nichts mit dem aktuellen zu tun.
Mir geht es einzig darum, was Toyota mit dem XA50 (in diesem Fall dem AXAP54) auf die Räder gestellt hat. Und das ist einfach großartig, weil rund, stimmig, komfortabel, kurz-, mittel- und langstreckentauglich und von einer erstaunlichen Leichtigkeit: Ob im EV- oder im HV-Modus (also rein elektrisch oder im Hybrid-Modus), der RAV4 ist super agil, leichtgängig, durch und durch easy. Man kann lässig cruisen, man kann es laufen lassen und man kann erstaunlich amtlich irgendwo langballern. Natürlich wird er nicht plötzlich zum GR Yaris, aber zwei Tonnen Leergewicht und ein Schwerpunkt deutlich über der Bordsteinkante werden überraschend gut kaschiert. Klar: Wie erwartet wankt er beim Lastwechsel ein wenig, untersteuert auch recht früh, wird jedoch sehr gut eingefangen. Dennoch ist das Fahrverhalten weitestgehend neutral, der Antritt enorm, die Verzögerung ausreichend. Der elektronisch geregelte Allradantrieb schiebt bei Bedarf ordentlich an und kümmert sich ansonsten erstaunlich unauffällig darum, dass die Fuhre in der Spur bleibt. Ich habe bislang keine Fahrsituation erlebt, die nicht völlig easy beherrschbar gewesen wäre.
Mit anderen Worten: In meinen Augen ist der RAV4 aktuell einer der besten und angenehmsten Kompromisse für den Alltagsgebrauch.
Und ich hatte gestern wirklich einen Höllenspaß… 😉
P.S.: Die Plätze für die Frühjahrs-Ausfahrt am 15. April sind leider schon alle vergeben. Aber es wird im Herbst die nächste geben.
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